Deshalb sollte nicht mit Strafe in der Hundeerziehung gearbeitet werden
- Hundeschule unterHUNDs
- 20. Okt. 2023
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 15. Mai
Die Hundeerziehung ist ein Thema, das immer wieder kontrovers diskutiert wird. Insbesondere die Anwendung von Strafen sorgt für hitzige Debatten. Während früher aversive Methoden wie Leinenruck, Schläge oder lautes Schimpfen weit verbreitet waren, zeigen moderne verhaltensbiologische und tierpsychologische Erkenntnisse, dass solche Methoden nicht nur ethisch fragwürdig, sondern auch langfristig ineffektiv sind. In diesem Beitrag beleuchten wir die psychologischen Mechanismen hinter Bestrafung, warum sie oft scheitert, und warum positive Verstärkung der effektivere und tierfreundlichere Ansatz ist.
Lerntheoretische Grundlagen: Wie Hunde lernen
Hunde lernen, wie alle Tiere, über zwei Hauptmechanismen: klassische Konditionierung und operante Konditionierung.
Klassische Konditionierung (bekannt durch Pawlows Experimente) beschreibt das assoziative Verknüpfen zweier Reize. Ein Beispiel: Ein Hund lernt, dass das Geräusch der Futterdose mit Futter verbunden ist.
Operante Konditionierung (erforscht von B.F. Skinner) bezieht sich auf das Lernen durch die Konsequenzen des eigenen Verhaltens. Hier unterscheidet man zwischen Verstärkung (erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Verhaltens) und Bestrafung (verringert die Wahrscheinlichkeit).
Positive und negative Bestrafung
Positive Bestrafung: Ein unangenehmer Reiz wird hinzugefügt, z.B. ein Leinenruck, wenn der Hund anspringt.
Negative Bestrafung: Ein angenehmer Reiz wird entzogen, z.B. Spielabbruch, wenn der Hund zu grob spielt.
Im Gegensatz dazu steht die positive Verstärkung, bei der ein angenehmer Reiz (z.B. ein Leckerli) hinzugefügt wird, um ein erwünschtes Verhalten zu fördern.
Warum Bestrafung oft scheitert
1. Unmittelbarkeit und Konsequenz
Damit Bestrafung wirkt, muss sie unmittelbar und konsequent erfolgen. Im Alltag ist dies jedoch schwer umsetzbar. Wird die Strafe zu spät oder inkonsequent angewendet, versteht der Hund den Zusammenhang nicht. Stattdessen entsteht Verwirrung und Unsicherheit.
2. Kein Alternativverhalten
Bestrafung unterdrückt ein unerwünschtes Verhalten, zeigt dem Hund aber nicht, was er stattdessen tun soll. Der Hund bleibt „ratlos“ und kann das Problemverhalten durch ein anderes unerwünschtes Verhalten ersetzen.
3. Emotionale Nebenwirkungen
Strafen können unerwünschte emotionale Verknüpfungen auslösen. Der Hund verbindet den Strafenden oder die Trainingssituation mit negativen Gefühlen wie Angst oder Aggression. Dies kann die Beziehung zwischen Hund und Halter nachhaltig schädigen.
4. Stress und Lernblockaden
Angst und Stress beeinträchtigen die Lernfähigkeit. Ein gestresster Hund kann sich schlechter konzentrieren und neues Verhalten nur schwer erlernen. Studien zeigen, dass die Erwartung von Strafe allein bereits Angst auslöst und das Lernen hemmt.
Unerlaubte und bedenkliche Hilfsmittel: Beispiele und Risiken
In der Hundeerziehung werden leider immer noch unerlaubte oder bedenkliche Hilfsmittel eingesetzt, die nicht nur ethisch fragwürdig sind, sondern auch erhebliche Risiken für das Tierwohl bergen. Hier einige Beispiele:
Stachelhalsbänder
Diese Halsbänder haben nach innen gerichtete Metallspitzen, die bei Zug schmerzhafte Druckpunkte erzeugen. Sie sollen den Hund davon abhalten, an der Leine zu ziehen. Allerdings können sie schwere Verletzungen am Hals verursachen und führen oft zu Angst und Aggression.
Würgehalsbänder
Würgehalsbänder ziehen sich bei Zug zu und engen die Luftröhre des Hundes ein. Dies kann zu Atemnot, Husten und langfristigen Schäden an der Halswirbelsäule führen. Zudem verknüpft der Hund die Schmerzen mit der Umgebung oder dem Halter, was die Beziehung stark belastet.
Teletakt-Geräte (Stromhalsbänder)
Diese Geräte geben elektrische Impulse ab, um unerwünschtes Verhalten zu unterbinden. Die Stromstöße sind für den Hund äußerst schmerzhaft und können zu schweren psychischen Schäden wie Angststörungen oder Aggression führen. In vielen Ländern sind sie bereits verboten.
Sprühhalsbänder
Sprühhalsbänder geben bei unerwünschtem Verhalten einen unangenehmen Sprühstoß (z.B. Zitronensäure) ab. Obwohl sie weniger schmerzhaft sind als andere Hilfsmittel, können sie dennoch Angst und Stress auslösen und das Vertrauen des Hundes in seine Umgebung beeinträchtigen.
Schlagstöcke oder Peitschen
Der Einsatz von Schlagstöcken oder Peitschen ist nicht nur tierschutzrechtlich verboten, sondern auch extrem grausam. Sie verursachen körperliche Schmerzen und können zu schweren Verletzungen führen. Zudem fördern sie Aggression und Angst beim Hund.
Wurfdiscs
Wurfdiscs (auch Wurfketten genannt) werden als aversives Hilfsmittel eingesetzt, um den Hund bei Fehlverhalten zu „korrigieren“. Die Disc wird in Richtung des Hundes geworfen, um ihn zu erschrecken oder abzulenken. Dies kann jedoch zu Angst und Unsicherheit führen, insbesondere wenn der Hund nicht versteht, warum er erschreckt wird. Zudem besteht die Gefahr, dass der Hund die Disc mit negativen Emotionen verknüpft und dadurch ängstlich oder aggressiv reagiert.
Wasserspritzen
Das Besprühen des Hundes mit Wasser (z.B. aus einer Sprühflasche) wird oft als „sanfte“ Bestrafungsmethode angepriesen. Allerdings kann auch dies negative Emotionen auslösen. Der Hund verknüpft das Wasser mit etwas Unangenehmem, was zu Angst oder Misstrauen führen kann. Zudem lernt der Hund nicht, welches Verhalten stattdessen erwünscht ist.