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Lendenleinen und Achselleinen beim Hund – Warum diese Methoden gefährlich und tierschutzwidrig sind

Aktualisiert: 22. Juni

Was sind Lenden- und Achselleinen?

In der Hundeerziehung kursieren zahlreiche Methoden zur Verbesserung der Leinenführigkeit. Manche davon basieren auf moderner Lerntheorie und positiver Verstärkung – andere hingegen auf Zwang, Schmerz und veralteten Erziehungsbildern. Zu letzteren zählen insbesondere die sogenannten Lendenleinen und Achselleinen, bei denen der Hund physisch unangenehm oder gar schmerzhaft beeinflusst wird.

Diese Methoden werden zum Teil noch von nicht-qualifizierten Trainern empfohlen, obwohl sie nachweislich mit gravierenden gesundheitlichen und verhaltensbezogenen Risiken verbunden sind.

Lendenleinen und Achselleinen beim Hund

Die Lendenleine – Quetschung statt Kommunikation

Funktionsweise und Einsatz

Die Lendenleine wird um den Bauch des Hundes geführt, knapp vor den Hinterbeinen. Ziel ist es, über diesen sensiblen Bereich Druck aufzubauen, sobald der Hund an der Leine zieht. Sie kommt meist dann zum Einsatz, wenn herkömmliche Halsbänder oder Brustgeschirre keinen „Erfolg“ gebracht haben – oder wenn der Halter körperlich eingeschränkt ist.

Risiken und Nebenwirkungen

Die anatomische Lage der Lendenleine macht sie besonders riskant:

  • Organquetschungen – insbesondere von Nieren, Milz oder Blase

  • Innere Blutungen oder Hämatome durch punktuellen Zugdruck

  • Bewegungseinschränkungen, die zu Muskelverspannungen oder Fehlbelastungen führen

  • Angst- oder Stressverhalten, ausgelöst durch Schmerz und Kontrollverlust

Verhaltensfolgen

Hunde, die mit der Lendenleine geführt werden, lernen nicht, sich am Menschen zu orientieren, sondern nur, Schmerz zu vermeiden. Das kann sich äußern in:

  • Anhalten, Zurückweichen, geducktem Gang

  • Aggressionsverhalten gegenüber Umweltreizen

  • Meideverhalten gegenüber dem Halter (Verlust des Vertrauens)

Die Achselleine – Schmerz in der sensibelsten Zone

Was ist eine Achselleine?

Die Achselleine wird unter den Vorderbeinen durchgezogen und auf dem Rücken über Kreuz geführt. Die Leine verläuft also durch die Achselhöhlen des Hundes – ein sehr empfindlicher Bereich mit Nervenbahnen, Muskeln und Bindegewebe.

Gesundheitsrisiken

  • Druck auf Schultermuskulatur und Lymphknoten

  • Schürfungen oder Hämatome in den Achseln

  • Schmerzhafte Blockaden durch Bewegungseinschränkungen

  • Chronische Lahmheit durch dauerhaften Fehlbelastungsreiz

Auswirkungen auf Verhalten und Beziehung

Auch hier gilt: Der Hund vermeidet nicht das Ziehen wegen Lernfortschritt, sondern wegen Schmerz. Das kann langfristig zu:

  • Misstrauen gegenüber dem Halter

  • Meideverhalten gegenüber anderen Hunden oder Menschen

  • Stresssymptomen wie Hecheln, Zittern oder Übersprungverhalten führen

Warum wirken diese Methoden (vermeintlich)?

Schmerz als Steuerung – kein Lernen

Die Wirkung der Lenden- oder Achselleine basiert auf negativer Verstärkung durch Schmerz. Der Hund lernt: „Ziehe ich an der Leine, tut es weh.“ Das ist kein echtes Leinenführigkeitstraining, sondern Vermeidungsverhalten. Die Ursache des Ziehens (z. B. mangelnde Impulskontrolle oder Aufregung) bleibt unbearbeitet.

Folgen sind u. a.:

  • Ersatzverhalten wie plötzliches Sitzenbleiben, Ausweichen, Starren

  • Aggression als Folge innerer Anspannung oder Hilflosigkeit

  • Erlernte Hilflosigkeit bei dauerhaftem Versagen von Verhaltensalternativen

Tierschutzrelevanz und gesetzliche Einordnung

Tierschutzgesetz (§1, §3) und Hundetrainerpflichten

Die Verwendung von schmerzhaften, potenziell schädlichen Hilfsmitteln wie Lenden- und Achselleinen kann gegen das deutsche Tierschutzgesetz verstoßen. Nach §3 ist es verboten, einem Tier ohne vernünftigen Grund Leid, Schmerzen oder Schäden zuzufügen.

Hundetrainer, die solche Methoden propagieren, verstoßen zusätzlich gegen ihre Pflichten nach §11 TierSchG:

  • Einsatz tierschutzwidriger Hilfsmittel → nicht genehmigungsfähig

  • Verantwortung für das Wohl und die Unversehrtheit des Tieres → nicht erfüllt

Fachliche Einschätzung

Die meisten Veterinärämter und Fachverbände lehnen diese Methoden ausdrücklich ab. Sie gelten als nicht tierschutzkonform und widersprechen aktuellen wissenschaftlichen Standards der Hundeausbildung.

Die bessere Alternative: Leinenführigkeit tierschutzgerecht trainieren

Was funktioniert wirklich?

Leinenführigkeit lässt sich auch ohne Gewalt, Druck oder Schmerz trainieren – zum Beispiel durch:

  • Positive Verstärkung: Belohnung für lockere Leine

  • Impulskontrolltraining: z. B. Stop & Go, Umorientierung

  • Targetarbeit und Führsignale

  • Konditionierung auf Aufmerksamkeit (z. B. Blickkontakt)

Das braucht es dafür:

  • Geduld und Konsequenz

  • Kompetente Anleitung durch qualifizierte Trainer

  • Verständnis für die emotionalen Bedürfnisse des Hundes

Fazit: Lendenleinen und Achselleinen sind nicht nur veraltet – sie sind gefährlich

Wer die Lendenleine oder Achselleine als Erziehungsmittel verwendet, riskiert Schmerzen, Verletzungen und Verhaltensstörungen beim Hund – und verstößt potenziell gegen geltendes Tierschutzrecht.

Hunde verdienen eine beziehungsorientierte Erziehung, die auf Vertrauen, Verständnis und positiver Motivation basiert. Alles andere ist nicht nur ineffektiv, sondern auch ethisch nicht vertretbar.

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